Montag, 28. Januar 2013

Drohen arktische Temperaturen in Europa?



Der warme Golfstrom reißt ab und Europa versinkt in einer Eiszeit, so das Szenaro in dem Kinofilm "The Day after tomorrow." Hollywood will uns unterhalten und muss dabei auf die naturwissenschaftliche Grundlagen keine Rücksicht nehmen. Aber vor kurzem gruselte ich mich vor dem gleichen apokalyptischen Szenario in einer Phönix-Reportage . Da war meine Neugier geweckt. Was ist dran an dieser Geschichte? Sollte ich diesen Winter doch besser noch Skifahren lernen?

Fest steht, dass die Meeresströmungen unser Klima massiv beeinflussen. Wie eine riesige Wärmepumpe transportieren sie Wärme aus den tropischen Bereichen in die kälteren Regionen an den Polen. Besonders wir in Europa können uns über diese Heizung freuen. Würde sie ausfallen, würde sich unser Klima massiv verändern.

Hamburg liegt etwas auf der gleichen Höhe wie die kanadische Stadt Quebec. Dort liegt die durchschnittliche Tagestiefsttemperatur im Januar bei -18 °C, die durchschnittliche Tageshöchsttemperatur bei -7°C. Temperaturen von 40°C unter Null sind keine Seltenheit. Die Nordsee und die Ostsee wären bei uns im Winter wohl weitgehend zu gefroren, wenn der Golfstrom uns nicht Wärme aus dem Süden bringen würde. Und das berücksichtigt noch gar nicht, dass auch Quebec von dem wärmendem Golfstrom profitiert, wenn auch in geringerem Maße als Nordeuropa. Unsere Landwirtschaft könnten wir komplett auf Rentierzucht umstellen. Kennen Sie vielleicht ein gutes Rezept für Rentier-Gulasch?

Mit oder ohne gutem Rezept - die Auswirkungen des Klimawandels in weiten Teilen Europas wären massiv. Aber wie groß ist die Gefahr, dass diese Meeresströmungen abreißen wirklich?

Interessant ist hier zunächst die irreführende Wortwahl. Der Begriff "abreißen" suggeriert, dass der Strom plötzlich zum Stillstand kommen würde, wenn er an einer Stelle kurz unterbrochen würde. Das Gegenteil ist der Fall. Die Strömung würde sich immer weider neu aufbauen bzw. Umwege suchen, solange die treibenden Kräft wirken. Haben Sie  einmal versucht einen störenden Zugluft in der Wohnung dadurch "abreißen" zu lassen, indem Sie die Luft mit den Armen wild verwirbelt haben? Nein? Eben, würde natürlich auch nicht funktionieren. Entscheidend ist, ob die Gefahr besteht, dass die Kräfte, welche die Strömungen antreiben auf Dauer verschwinden könnten. Welche Kräfte treiben diese Strömungen also an?
"Die Kälte und der hohe Salzgehalt sind die wesentlichen Kräfte der Konvektion. Sie reißen das dichte Wasser in den polaren Regionen hinab und treiben damit eine weltumspannende Konvektionsmaschine an – die thermohaline Zirkulation (thermo – angetrieben durch Temperaturunterschiede; halin – angetrieben durch Salzgehaltsunterschiede)" *
Ohne Fachchinesisch heißt das, dass das kalte Wasser, welches schwerer ist als das warme Wasser im Norden absinkt und sich am Meeresboden nach Süden ausbreitet. An der Oberfläche strömt warmes Wasser von Süden nach Norden nach.
Das Bild unten zeigt ein vereinfachtes Schemata dieser Strömungen. Bei den blau dargestellten Strömungen handelt es sich um die kalten, salzhaltigen Tiefenströmungen. Die warmen Meeresströmungen laufen dagegen an der Meeresoberfläche.

Thermohaline Zirkulation **

In diesem Artikel möchte ich mich auf die Temperaturunterschiede konzentrieren. In einem zweiten Artikel werde ich dann die Gefahr durch eine Veränderung des zweiten Einflussfaktors - des Salzgehaltes, unter die Lupe nehmen.

Wie genau treiben Temperaturunterschiede die Meeresströmungen an? Kaltes Wasser ist schwerer als warmes. Es sinkt ab und schiebt sich unter das warme Wasser. Das warme Wasser fließt oben nach. Prinzipiell sind dies die gleichen Mechanismen, welche auch Luftströmungen antreiben.
Hat eine Veränderung der Durchschnittstemperatur hierauf einen Einfluss? Um diese Frage zu beantworten, habe mir den Zusammenhang von Dichte (Gewicht/Volumen) und Temperatur von Wasser angeschaut. In dem nächsten Beispiel untersuchen ich mit einer Beispielrechnung, ob die Kräfte, welche die Meeresströmungen antreiben, bei einem steigenden Temperaturlevel abnehmen.

Dazu untersuche ich 2 Szenarien, zuerst das normale Szenario, welches dann einem zweiten Szenario, mit einem erhöhten Temperaturniveau, gegenübergestellt wird. Im direkten Vergleich der beiden Szenarien kann man dann erkennen, welchen Einfluss eine Erhöhung des Temperaturlevels auf die Strömungen hätte.
Der Temperaturunterschied zwischen dem warmen und dem kalten Meerwasser innerhalb des Szenarios, liegt bei beiden Szenarien bei 8°C. Wer keine Lust auf die schönen kleinen Rechnungen *** hat, kann die beiden Szenarien einfach überspringen.

Density of ice and water (de)

1. Szenario (Ausgangs-Temperatur-Level):

  • Meeresdurchschnittstemperatur: 10°C
  • Meeresemperatur kalte Stelle: 6°C
  • Meerestemperatur warme Stelle 14°C
Die Dichte von Wasser bei 14 °C beträgt 999,24 kg/m³ (siehe ***), bei 6°C 999,94 kg/m³. Daraus resultiert eine Dichtedifferenz von 0,7 kg/m³. Diese Dichtedifferenz ist die treibende Kraft für die Meeresströmungen. Das kalte Wasser, welches 0,7 kg/m³ schwerer ist, sinkt ab und schiebt sich unter das warme Wasser. Das warme Wasser fließt oben nach.

2. Szenario (um 3°C erhöhtes Temperatur-Level):
  • Meeresdurchschnittstemperatur: 13°
  • Meeresemperatur kalte Stelle: 9°C
  • Meerestemperatur warme Stelle 17°C
Die Dichte von Wasser bei 17 °C beträgt 998,77 kg/m³, bei  9°C 999,78 kg/m³. Daraus resultiert eine Dichtedifferenz von 0,99 kg/m³. Das kalte Wasser, welches 0,99 kg/m³ schwerer ist, sinkt ab und schiebt sich unter das warme Wasser. Das warme Wasser fließt oben nach.

Die Dichtedifferenz von 0,99kg/m³ im 2. Szenario ist deutlich größer als die Dichtedifferenz im ersten Szenario mit 0,7 kg/m³. Die treibende Kraft für die globalen Meeresströmungen nimmt bei steigender Temperatur also zu und nicht etwa ab.
In der Kurve in der Abbildung oben entspricht dies dem "Steilerwerden" der Kurve mit zunehmender Temperatur (nach rechts auf der x-Achse). Der Dichteunterschied nimmt mit der Temperatur zu. Von einem Abreißen der Strömungen kann gar keine Rede sein, ganz im Gegenteil. Die physikalischen Betrachtungen zeigen deutlich, dass die Temperatur ausgleichenden Strömungen, welche Wärme vom Äquator zu den Polen transportieren, bei steigender Meeresdurchschnittstemperatur zunehmen werden. Solange es an den Polen kälter ist als am Äquator, wird sich an den Meeresströmungen grundsätzlich nicht viel ändern.
Auch jetzt sind die Meeresströmungen nicht konstant sondern verändern sich ständig. Das bekannteste Beispiel für größere, periodisch auftretende Änderungen ist "El Ninjö" . Deswegen kann niemand die genauen Meeresströmungen für die nächsten Jahre voraussagen oder behaupten sie würden genau so bleiben, wie sie jetzt sind. Aber Aussagen wie "die Meeresströmungen werden abreißen, da der Temperaturunterschied bei einem höheren Temperaturlevel die Strömung nicht mehr antreibt" entbehren jeder wissenschaftliche Grundlage. Der Temperaturunterschied wird also nicht dazu führen, dass die wichtigen Süd-Nord-Strömungen abreißen, aber wie sieht es mit einer Änderung des Salzgehaltes aus? Dies werde ich in einem weiteren Artikel untersuchen, es bleibt also spannend und es gibt noch keinen Grund sich in falscher Sicherheit zu wiegen ...

* siehe http://www.welt.de/wissenschaft/article109864209/Golfstrom-lief-auch-in-der-Eiszeit-auf-Hochtouren.html, besucht am 27.01.2013

** Quelle und Copyright des Bildes siehe http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Thermohaline_circulation.png, "This file is licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported license."
Weitere Bilder finden sich hier http://www.welt.de/wissenschaft/article109864209/Golfstrom-lief-auch-in-der-Eiszeit-auf-Hochtouren.html oder hier http://worldoceanreview.com/klimasystem/grose-meeresstromungen/

*** Detailerläuterungen zu den Rechnungen:
Die Rechnungen sind der Einfachheit halber mit den Daten von reinem Wasser durchgeführt worden. Die exakten Werte bei Meereswasser weichen hiervon ab. Die Dichte von Meerwasser ist aufgrund des Salzgehaltes entsprechend höher. Grundsätzlich verhält sich die Dichte-Temperatur-Beziehung von Meerwasser jedoch ganz ähnlich, wie die vom reinen Wasser.
Quelle Zahlen: http://www.wissenschaft-technik-ethik.de/wasser_dichte.html

**** Auswahl der Beispiele: Man könnte mir vorwerfen, die Temperaturlevel für die beiden Beispiele seien  willkürlich gewählt. Stimmt. Insgesamt bewegt sich die Oberflächentemperatur der Ozeane im Bereich zwischen -1 und +30 ° C, siehe zum Beispiel: http://www.saevert.de/2twasser.htm
Der globale maximale Temperaturunterschied ist also wesentlich größer als 8°C. Der Temperaturunterschied von Wasser an einer Stelle, nur  in unterschiedlichen Tiefen, beispielsweise in den Nordmeeren, ist aber wesentlich geringer als 8°C. Mit 8°C habe ich also einen Wert irgendwo aus der Mitte herausgegriffen.
Da die Temperatur/Dichte-Kurve von Wasser kontinuierlich verläuft, kommt man auch bei anderen Beispiel-Rechnungen zu dem gleichen Ergebnis, in der Hinsicht, dass die Dichtedifferenz bei einem steigenden Temperaturlevel zunimmt. Eigentlich ist dieser Effekt noch deutlich stärker. Da die Dichte von Wasser unter 4°C nicht mehr abnimmt, ist die Temperatur des kalten, salzhaltigen Tiefenwassers relativ unabhängig von einer Erhöhung der globalen Temperatur. Ganz ähnlich, wie in unsere Seen im Winter. Dort liegt die Temperatur in der Tiefe auch relativ konstant bei 4°C, egal wie kalt oder warm es an der Oberfläche ist. Dies ist der Hauptgrund warum unsere Seen nicht bis auf den Grund durchfrieren. Die Dichte von Meerwasser hängt zusätzlich stark von dem Salzgehalt ab. So liegt das Dichtemaximum bei vorgegebenem Salzgehalt etwas unter den 4°C von reinem Wasser. Aber dies ändert nichts an dem prinzipiellem Mechanismus. Eine Erhöhung der globalen Temperatur würde an den Temperaturen des Tiefenwassers kaum etwas ändern, wohl aber an der Oberflächentemperatur der Meere, die steigen würde. Bei einem steigenden Temperaturlevel hätten wir es also mit einer größeren Temperatur- und Dichte-Differenz zwischen den wärmsten und kältesten Stellen im Meer zu tun. Dadurch würden die globalen Meeresströmungen wohl noch stärker angetrieben, als durch das Ergebnis der Rechnung oben zu erwarten wäre.

Mittwoch, 25. Januar 2012

Monopoly und die Schuldenkrise




Nicht ein Tag vergeht ohne Berichte von Rating-Herabstufungen, einem neuen Rettungspaket oder von Demonstrationen gegen Sparpläne. Wir leben über unsere Verhältnisse und sollten den Gürtel enger schnallen. Oder?

Ich möchte als Antwort auf diese Frage einen Vergleich heranziehen. Als Kind habe ich Stunden und Tage lang Monopoly gespielt - es gab noch keine Gameboys. Einmal wollte ich wissen, wie sich eine Monopoly-Partie entwickelt, wenn die Mitspieler nicht pleite gehen, sondern beliebig Schulden bei der Bank aufnehmen können. Ergänzend wurde die Beschränkung aufgehoben, nur maximal ein Hotel pro Straße bauen zu dürfen.

Das Ergebnis meines Experiments war, dass eine Person schnell wahnsinnig reich wurde und sämtliche Straßen mit Massen der roten Hotels bebaut waren. Die anderen Mitspieler versanken schon bald in Schulden. Jeder, der Monopoly oder Hotel gespielt hat, kennt das: Irgendwann ist klar, wer gewinnen wird und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis einer der anderen Spieler eine falsche Zahlt würfelt und pleite geht.

Der gleiche Mechanismus wie beim Monopoly-Experiment, lässt sich auch bei der “Schuldenkrise” ausmachen. Einige wenige Personen haben exorbitanten Reichtum angehäuft. Dieser Besitz generiert permanent Einkommen, das irgendwie erwirtschaftet werden muss. Was sind das für Einkommen? Im einfachsten Fall sind dies Zinseinkommen aus verliehenem Geld. Staaten, Kommunen, Unternehmen, Banken und Privatpersonen leihen sich Geld. Dafür bekommt derjenige, der das Geld verleiht, Zinsen. Bei Monopoly ist es ähnlich, wenn man viele Hotels besitzt, dann generieren diese hohe Mieteinnahmen. Die anderen Mitspieler müssen die Miete bezahlen.

Die Grenze der Schuldentragfähigkeit für viele europäische Staaten und die USA ist schon überschritten. Diese Länder können die Zinsen nur bezahlen, in dem sie noch mehr Schulden aufnehmen. Bei Monopoly würde man sagen: “Spiel zu Ende, and the winner is: … “

Bei der Schuldenkrise ist den Gewinnern ihr Sieg aber noch nicht hoch genug. Die Zentralbanken in den USA und in Europa drucken fleißig Geld, sonst wäre der ganze Schuldenberg schon in sich zusammengebrochen.

Bis jetzt hört sich das recht düster an, dabei soll die Grundaussage hier eine ganz andere sein: Wir haben nicht zu wenig Geld. Jedem Euro Schulden steht ein Euro Guthaben gegenüber - bei dem, der das Geld geliehen hat. Jeder Euro an Zinsen, der gezahlt wird, wird von auch von jemandem als Einnahme verbucht. Wir leihen uns das Geld nicht bei der Zukunft. Man kann sich Geld nur in der Gegenwart leihen, von den Leuten, die es haben.

Es handelt sich also um ein Verteilungsproblem: Bei den einen wachsen die Geldvermögen ins Unermessliche, bei anderen die Schulden. Beide heben sich gegenseitig auf.

Wenn ich von  "Super-Reichen" sprechen, meine ich nicht engagierte, verantwortungsvolle Unternehmer, sondern diejenigen, die seid Geburt von ihren Vermögen leben, ohne dabei einen Finger krumm zu machen - die Super-Reichen, die 6 Villen, 4 Yachten, 2 Privatjets und 10 Luxuskarossen “nutzen”. Besonders ärgerlich ist, dass die ganzen schönen Sachen von irgendwem bezahlt - besser gesagt verdient werden - müssen.

Irgendwer, dies sind die Leute, die für ihr Auskommen noch arbeiten müssen. Bei der Staatsverschuldung beispielsweise zahlen wir die Zinsen indirekt über hohe Steuern und Abgaben an den Staat.

Insgesamt gibt es genug Geld, mehr als genug. Wir hatten in Deutschland in den Jahren 1980 bis 2010 ein reales (preisbereinigtes) Wirtschaftswachstum von insgesamt 70%, (siehe destatis-BIP). Wenn man den Reichtumsgewinn seid 1980 gleichmäßig auf alle verteilt hätte, dann hätten jetzt alle 70% mehr zum Ausgeben als vor 30 Jahren. Das würde auch für die Super-Reichen gelten. Die nehmen sich aber so viel von dem Kuchen, dass für die anderen nichts mehr davon überbleibt, und sie sogar noch was von ihrem Bisschen dazu geben müssen.

Natürlich kann es dadurch, dass große Bevölkerungsschichten so weit verarmen, dass sie sowohl als Verbraucher, als auch als Arbeitskraft aus dem Wirtschaftssystem herausfallen, zu einer Schrumpfung der Wirtschaft kommen. So zwingt das dysfunktionale Wirtschaftssystem breite Bevölkerungsgruppen in die Armut. Diese Situation ist schon in einigen Staaten eingetreten, beispielsweise in Griechenland. Ähnlich wie beim Monopoly: Die kleinen Spieler scheiden aus.

Die Milliarden-Berge der Super-Reichen wachsen und wachsen und suchen ständig neue Anlagemöglichkeiten. Deswegen besteht von dieser Seite ein großes Interessen daran, dass die Staaten immer neue Schulden machen. Sonst könnte das Geld nirgendwo mehr angelegt werden und zum Ausgeben ist es einfach viel zu viel. Wenn beim Monopoly schon auf jeder Straße Hotels stehen, dann werden einfach die Regeln geändert und man erlaubt mehrere Hotels auf einer Straße. Ein Staat hebt einfach das Schuldenlimit an. Und wenn die Steuern nicht mehr erhöht werden können, dann fängt der Staat an Geld zu drucken, um die Zinsen bezahlen zu können.

Damit die Bürger auch lieb die ganzen Steuern und Abgaben abdrücken, wird versucht, ihnen ein schlechtes Gewissen und Angst zu machen. Keine Angst, es gibt genug Geld. Kein schlechtes Gewissen, es sind ganz Andere, die auf unsere Kosten leben.